Trauer über den Verlust eines lieben Menschen ist nicht dem Alter vorbehalten; auch junge Menschen kann es treffen. Zusammen mit einer Kollegin vom Hospiz-Verein Regensburg hat Eveline Schmuck sich zum Ziel gesetzt, für diese ein spezielles Angebot zu schaffen. Seit 2020 besteht die Werkstatt Trauer in Regensburg. Nach dem Start als Onlineangebot hat es mittlerweile im W1 eine feste Heimat gefunden.
Das Konzept? Junge Erwachsene begegnen kreativ ihrem Verlust.
Wie kam es zur Idee zu diesem Projekt?
Der Hospiz-Verein Regensburg hat ja schon einige Angebot für Trauernde: sowohl feste Gruppen, als auch offene Angebote. Doch die Altersstruktur in den Gruppen ist von älteren Personen geprägt. Schon in meiner Ausbildung zur Trauerbegleiterin dachte ich mir, da braucht es etwas, wo sich jüngere Personen besser abgeholt fühlen, wo sie sich mit Gleichaltrigen in ähnlicher Lebenssituation – am Anfang des Lebens – austauschen können. Vor allen Katrin Dehner, meine Mitstreiterin vom Hospiz-Verein dachte, es wäre gut das Angebot um die Möglichkeit sich kreativ auszutoben zu erweitern: also, dass gemalt, gebastelt oder gewerkelt werden darf. Das wäre eine Brücke, wenn jemand gerade noch nicht reden mag, deshalb auch der Name WERKSTATT Trauer.
Haben die jungen Erwachsenen nicht Hemmungen bei vollkommen Unbekannten über ihre Trauer zu reden?
Es ist eher so, dass da endlich jemand da ist, der zuhört und Raum ist, drüber zu sprechen. Wir gehen sehr behutsam damit um. Niemand wird gezwungen zu reden. Aber, es fließt nur so raus, aus den Leuten, die kommen. Es wird geredet und natürlich auch geweint. Oft ist der Trauerfall schon Jahre her und das Umfeld hat die Geschichte schon – vielleicht sogar oft – gehört, sie (die Geschichte) möchte aber nochmal erzählt werden.
Wie läuft denn so ein Treffen ab?
Wir treffen uns im Atelier des W1 und haben meist eine Idee, was denn Praktisches an diesem Abend, meist an einem Donnerstag im Monat ab 19:00 Uhr, passieren soll. Das kann eine Kollage, das Bemalen eines Würfels oder auch Arbeiten mit Wachs sein. In der Vorstellungsrunde erzählen die Teilnehmer:innen ihre Geschichte, die sie hergeführt hat. Erstaunlicherweise entwickelt sich gleich Vertrauern und eine Verbindung zwischen ihnen und zu uns Trauerbegleiterinnen. Wir sind mittlerweile fünf, die uns künftig abwechseln werden. Irgendwann fangen wir dann mit dem Werkeln an. In der Abschlussrunde ergibt sich meist ein roter Faden, der durch den Abend geführt hat. Unsere Rolle als Trauerbegleiterinnen ist eher moderierend, aber auch psychoedukativ. Denn auch Wissen hilft, die eigene Trauer besser zu verstehen.
Wie viel kostet die Teilnahme an der Trauerwerksatt?
Die Teilnahme ist kostenlos. Wir sind ehrenamtlich tätig. Die Raumkosten und das Material übernimmt der Hospiz-Verein Regensburg. Ich denke, die Spendengelder sind hier wirklich sinnvoll investiert.
Ab wann ist man zu alt für die Werkstatt Trauer?
Unser Angebot richtet sich an junge Erwachsenen, das beginnt bei 18 Jahren. Für jüngere gibt es übrigens auch sehr gute Gruppen in Regensburg. Wir sind nicht streng mit der Abgrenzung nach oben – 30 Jahre ist da gar kein Problem.
Was kann man tun, wenn einen die Trauer in einem unpassenden Moment übermannt?
Je mehr das Gefühl zurückgehalten wird, desto mächtiger wird es. Offenheit hilft. Manchmal ist es möglich, zu äußern, dass man gerade trauert. Hier streifen wir auch ein gesellschaftliches Problem: Wir haben verlernt damit umzugehen; wir schaffen auch kaum noch Schutzräume für Trauer. Früher war das Trauerjahr mit schwarzer Kleidung üblich. Das ist uns abhandengekommen. Manchmal ist Offenheit unangebracht, vielleicht ist es eine öffentliche Situation, ein Vortrag in dem wir uns befinden. Hier hätte ich schon noch ein paar Ideen und Methoden sich im Vorfeld darauf vorzubereiten. Das habe ich in meiner Weiterbildung zur systemischen Beraterin und Therapeutin gelernt, dieses biete ich in privater Praxis an.
Gibt es einen Tipp, wie man möglichst schnell wieder in den Alltag zurückfindet?
Das ist ein häufiger Wunsch, die Trauer möglichst schnell hinter sich zu bringen. Leider ist die Trauer vorbei, wenn sie vorbei ist. Sie verwandelt sich hoffentlich irgendwann in ein melancholisches Gefühl, wenn man an den Verstorbenen denkt, das einen nicht mehr übermannt. Dann kann sich positiv erinnert werden. Das Beste, was man machen kann, ist nicht vor ihr wegzulaufen und die Gefühle der Trauer zu durchleben. Sie holt einen sowieso ein, wenn wir weglaufen. Wie lange das dauert ist individuell sehr verschieden. Deshalb ist auch die Teilnahme an der Werkstatt Trauer jederzeit möglich – auch wenn der Verlust schon sehr lange her ist.
Kontakt zur Werkstatt Trauer für junge Erwachsene
E-Mail: doreen.von.seidlitz@hospiz-verein-regensburg.de
Telefon: 0941/992522-0
Ort: W1 Weingasse 1, 93047 Regensburg
Termine: Monatlich
Instagram: Werkstatt Trauer Regensburg